Jeder Patient mit einem AGS sollte eine entsprechende SOS-Kapsel oder ein Notfallausweis, der Diagnose und laufende Therapie ausweist, immer mit sich führen und die wichtigsten Kontaktpersonen müssen wissen, dass es diesen Ausweis gibt (nicht aber die Diagnose).
Weiter besteht die Möglichkeit für eine Reise ins Ausland vom behandelnden Endokrinologen ein Rezept für das das Injektionspräparat Solu-Cortef 100mg anzufordern.
Dieses Injektionspräparat könnte auch auf Ausflügen und sonstige Aktivitäten von grossem Vorteil sein, da nicht jederzeit bei einem Unfall auch die erforderliche hohe Dosis Cortison bei dem Notfallteam in der Ausrüstung mit dabei ist!
Wenn ein Patient mit AGS erkrankt, einen Unfall erleidet oder operiert werden muss, muss in jedem Fall der behandelnde Spezialist (Endokrinologe) kontaktiert werden, um die Hydrocortison Dosis an die aktuelle Situation anpassen zu können.
Krankheit und Notfallsituation
Situation | Massnahme | |
Fieber >37,5°
>38,5°
>39,5° | Hydrocortison verdoppeln
Hydrocortison verdreifachen
Hydrocortison vervierfachen |
+ Arzt aufsuchen |
Magen-Darminfekt
| Hydrocortison verdoppeln
ggf. Hydrocortison als Zäpfchen | Bei Erbrechen der Tabletten:
Arzt aufsuchen! |
Kleinere Operation /
Zahnbehandlung | Zusatzdosis am Vorabend
Doppelte Dosis am Morgen | Arzt informieren
|
Grössere operative Eingriffe / Unfall | z. B. 100mg Hydrocortison i. v.
Therapieplanung | Arzt informieren |
Folgende Faustregeln können angewendet werden:
- Bei leichten Infekten ohne hohes Fieber und gutem körperlichen Zustand des Patienten (z.B. Schnupfen) ist eine Erhöhung der Hydrocortisondosis nicht erforderlich.
- Bei Erkrankungen, die die normale Aktivität des Kindes beeinflussen und es erforderlich machen, dass das Kind wenige Tage von der Schule zuhause bleiben muss (z.B. tiefe Luftwegsinfekte), ist es empfohlen, jede Dosis von Hydrocortison zu verdoppeln. Der behandelnde Arzt sollte kontaktiert werden.
- Erkrankt der Patient schwerer, besonders bei massivem Erbrechen und Durchfall, muss jede Dosis von Hydrocortison auf das 3 – 5-fache gesteigert werden. Wird das Medikament erbrochen muss das Hydrocortison (oder ein anderes Cortisonpräparat) intramuskulär gespritzt werden. Besonders Patienten mit einem AGS mit Salzverlust können ohne entsprechende Therapie sehr rasch kritisch krank werden und sogar in eine lebensbedrohliche Situation kommen. Eine vorschnelle oder eine höhere Hydrocortisondosis hat für den Patienten keine negativen Auswirkungen, ein zu langes Zögern kann jedoch rasch zu einer lebensbedrohlichen Situation führen. Der behandelnde Spezialist (Endokrinologe) sollte auf jeden Fall verständigt werden.
- Wenn ein Patient mit AGS einen schweren Schock erleidet oder bewusstlos wird, muss umgehend ein Cortisonpräparat intravenös verabreicht werden, ohne dass man die Ursache der Bewusstlosigkeit kennt. Es sollte umgehend die Rettung/der Notarzt verständigt werden.
- Bei jeder Operation eines Patienten mit AGS, die eine Vollnarkose erfordert muss bereits vor der Operation die Hydrocortisondosis erhöht werden. Der behandelnde Endokrinologe sollte auf jeden Fall um die Erstellung eines genauen Therapieprotokolls gebeten werden.
- Zahnbehandlungen mit lokaler Narkose erfordern in der Regel keine Erhöhung der Hydrocortisondosis. Der Zahnarzt sollte jedoch von der Diagnose des Patienten informiert sein.
- Alle Ärzte, die einen Patient mit AGS behandeln sollten von der Diagnose „Adrenogenitalesyndrom“ informiert sein, unmissverständlich, nicht nur mit der Abkürzung AGS. Einige Ärzte sind mit der Abkürzung für diese Erkrankung und auch mit den wesentlichen Richtlinien der Therapie nicht vertraut, da sie nur selten Patienten mit dieser Hormonstörung behandeln. Deshalb ist es zwingend erforderlich, dass Patienten mit AGS einen Notfallausweis besitzen und diesen immer mitführen. Der Notfallausweis sollte auch die Erreichbarkeit des betreuenden Endokrinologen beinhalten.
(Aus „Informationsbroschüre für Eltern“ von der Arbeitsgruppe Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie APED", von Prof. Dr. med. P. Mullis eingesehen und zur Nutzung für diese Homepage erlaubt, sowie Teilauszug aus der Broschüre "Kortisol Regulation und Substitution" von Prof. Dr. Günter K. Stalla)